Psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz

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Gute Arbeit fördert das Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Ungünstige Arbeitsbedingungen können sich negativ auf das Befinden auswirken und Ursachen von gesundheitlichen Beschwerden sein.

Mit psychosozialen Risiken sind Risiken für Gesundheitsbeeinträchtigungen gemeint. Psychosoziale Risiken entstehen durch unzulängliche Arbeitsgestaltung und -organisation sowie durch ein ungünstiges soziales Umfeld bei der Arbeit.

Beispiele für psychosoziale Risiken:

  • Psychosoziale Risiken durch Überbeanspruchung, z. B. Stress, Burnout, Monotonie
  • Psychosoziale Risiken durch Verletzungen der persönlichen Integrität, z. B. Mobbing, sexuelle Belästigung

Folgen

Psychosoziale Risiken können sich negativ auswirken auf

  • die Psyche: Depressionen, Angsterkrankungen u.a.
  • den Körper: Muskel-Skelett Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes u.a.
  • das Arbeitsverhalten: Rückzug, Motivationsverlust, Leistungsabfall, vermehrter Konsum von Alkohol und psychoaktiven Substanzen u.a.
  • den Betrieb: Leistungseinbussen, Krankheitskosten u.a.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber ist aufgrund der rechtlichen Grundlagen zum Schutz der physischen und psychischen Gesundheit verpflichtet. Die Einhaltung dieser Verpflichtung wird durch die Arbeitsinspektion kontrolliert.

Schutz vor psychosozialen Risiken

Psychosoziale Risiken lassen sich ebenso systematisch angehen wie andere Risiken im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz. Es geht dabei um strukturelle Merkmale der Arbeitssituation und die Gestaltung der Kommunikation sowie der sozialen Beziehungen.

Rechtliche Grundlagen

Bundesgesetze und Verordnungen

Wegleitungen

Good Practice

Prävention in KMU

Wie und mit welchen Instrumenten können Kleinunternehmen erreicht, sensibilisiert und für Präventionsmassnahmen motiviert werden? Das Projekt VitaLab der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt KMU mit Betriebsanalysen, Coachings, Weiterbildungen, Interventionen und Impulsreferaten bei der Umsetzung des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Prof. Agnes von Wyl und Brigitte Eich (beide Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW) analysierten die durch VitaLab erarbeiteten Massnahmen zur Prävention psychosozialer Risiken und zeigten auf, welche davon in KMU nachhaltig umgesetzt waren.

  • Führungspersonen gaben an für ihren Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeitenden eine höhere Sensibilität entwickelt zu haben und neue Erkenntnisse zum Führungsstil gewonnen zu haben, regelmässiger Sitzungen zu machen und dass sich der Teamgeist verbessert hätte. Zudem wurden Verbesserungen in der physischen Arbeitsumwelt und Ergonomie vorgenommen.
  • Mitarbeitende stellten Verbesserungen im Teamspirit den Arbeitsabläufen sowie in der physischen Arbeitsumwelt und Ergonomie fest.
  • Verbesserungsvorschläge bei Stressproblemen werden sowohl aus Sicht der Mitarbeitenden als auch der Geschäftsführung aufgenommen.

Die Befragung von Führungspersonen und deren Mitarbeitenden zeigt teilweise unterschiedlich Einstellungen zu strukturellen Massnahmen wie z.B. der Ermittlung der Gesundheitsgefährdung: Geschäftsführer wollen eher kein standardisiertes Vorgehen, während Mitarbeiter vorwiegend der Meinung sind, dass regelmässige Gespräche bzw. Sitzungen mit einen standardisierten Ablauf notwendig sind.


Prävention in Grossbetrieben

Unter der Leitung von Monica Basler und Dr. Gian-Claudio Gentile untersuchte ein Team der Hochschule Luzern, welche strukturellen und organisationalen Voraussetzungen notwendig sind, um die Sicherung und Förderung der psychosozialen Gesundheit im Managementsystem eines Grossunternehmens zu integrieren. Gestützt auf diese und weitere Erfahrungen aus anwendungsorientierten Forschungsprojekten der Hochschule Luzern Soziale Arbeit und Wirtschaft sowie aufgrund von evidenzbasierten Konzepten wurden Kriterien guter Praxis entwickelt. Daraus entstand ein Leitfaden, der den Unternehmen zur Verfügung gestellt wird.


Wirksamkeit von Anlaufstellen

Immer mehr Betriebe haben Anlaufstellen eingerichtet, an die sich Mitarbeitende bei Konflikten am Arbeitsplatz wenden können. Prof. Céline Desmarais und Isabelle Agassiz von der Hochschule für Ingenieurwissenschaften und Verwaltung des Kantons Waadt (HEIG-VD) haben den Nutzen und die Wirksamkeit solcher Anlaufstellen analysiert. Ziel der Arbeit ist es, diejenigen Faktoren herauszuarbeiten, die für den Erfolg einer Anlaufstelle entscheidend sind. Auf der Grundlage ihrer Analyse formulierten die Autorinnen Empfehlungen, die Unternehmen bei der Gestaltung von Anlaufstellen als Orientierung dienen sollen.

Wesentliche Erkenntnisse:

  • Vertraulichkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit als Basis für eine Vertrauensbeziehung zu den Mitarbeitenden und Arbeitgebenden.
  • Fundierte Kenntnisse im Konfliktmanagement der Mitarbeitenden der Vertrauensstelle sind nötig.
  • Kommunikation über die Art und Weise der Tätigkeit der Vertrauensstelle (Mitarbeitenden und Betriebsleitung)
  • Die Aufgaben der Vertrauenspersonen sollen für alle klar sein: Soll die Stelle betroffene Personen unterstutzen oder haben sie die Aufgaben zwischen den Parteien zu schlichten. Eine Vermischung diese Rollen kann problematisch sein.
  • Klären wie Erkenntnisse aus den Beratungen für betriebliche Verbesserungen genutzt werden.
  • Die Frage ob die Vertrauensstelle intern oder extern sein soll, hängt stark von der Betriebsgrösse ab. Eine interne Vertrauensstelle scheint nur für sehr grosse Betriebe geeignet zu sein.  

Literaturanalyse

Eine systematische Zusammenfassung der wissenschaftlichen Literatur zu gesundheitsbezogenen Interventionen in Betrieben von Prof. Achim Elfering (Universität Bern) hat gezeigt, dass die Anzahl dokumentierter Interventionsmassnahmen in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Man kann grundsätzlich zwischen zwei Arten von Interventionen unterscheiden:

  • Zum einen lassen sich personenbezogene Interventionen durchführen, die direkt auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Personen und deren Umgang mit Stress abzielen. Den grössten Effekt zeigten Massnahmen wie Achtsamkeitstrainings und Entspannungstechniken sowie kognitive Verhaltenstrainings zum Umgang mit Stress und die Förderung von arbeitsbezogenen Fertigkeiten.
  • Zum anderen können Interventionen auf den Bereich der Arbeitsorganisation ausgerichtet sein. Das heisst, sie zielen auf die Rahmenbedingungen der Arbeit wie Aufgaben, Strukturen, zeitliche Gestaltung, sozialen Beziehungen ab.

In beiden Fällen zeigten sich vielfältige positive Effekte:

  • Auffällig war, dass personenbezogene Interventionen in Grossunternehmen sowie Klein- und Mittelbetrieben gleichsam wirkungsvoll waren, während Interventionen im Bereich der Arbeitsorganisation in Klein- und Mittelbetrieben signifikant wirksamer waren als in Grossunternehmen.
  • Arbeitsorientierte Interventionen sind leichter in KMUs implementierbar: höhere Teilnehmerquote, Unterstützung Management abgesichert, Übersichtlichkeit gewährleistet. Um die erwünschte Wirkung zu erzielen, ist die Passung der Intervention mit der konkreten betrieblichen Situation wichtig.
  • Am wirkungsvollsten scheinen Interventionen zu sein, die sowohl auf Personen als auch auf die Arbeitsorganisation abzielen.

Archiv

Vollzugsschwerpunkt

Mit dem Ziel, die Prävention psychosozialer Risiken zu verstärken, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit Unterstützung von Sozialpartnern und dem interkantonalen Verband für Arbeitnehmerschutz (IVA) seit dem 1. Januar 2014 einen neuen Vollzugsschwerpunkt lanciert. In Übereinstimmung mit den kantonalen Arbeitsinspektoraten, die schweizweit mit dem Vollzug des Arbeitsgesetzes betraut sind, wird das Augenmerk bei den geplanten Kontrollaktivitäten auf die psychosozialen Risiken gerichtet. Im Fokus liegen der Schutz der persönlichen Integrität sowie der Schutz vor psychischen Fehlbelastungen.

Das für ein Unternehmen zuständige Arbeitsinspektorat zeigt auf Wunsch gerne auf, wie ein Betrieb erste Massnahmen zur Prävention psychosozialer Risiken angehen kann.

Kantonale Arbeitsinspektorate

Letzte Änderung 23.08.2023

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